Nach einer denkbar dunklen, sternenklaren Nacht wache ich
noch vor dem Vogelgezwitscher auf. Soviel also zu: „das Jetlag merkt man in
dieser Richtung nicht“ -schon klar. Mein Körper sieht das anders.
In Springdale frühstücken wir ganz hervorragend und erfahren
ganz nebenbei aus den Nachrichten, dass die Regierung des Staates Utah
überlegt, die Nationalparks im Staat mit Staatsbediensteten zu bestücken, so
dass die Parks ab morgen wieder normal besucht werden können. Offensichtlich
sind die Verluste, die dem Staat durch die Schließung entstehen, massiv. Für
unseren Roadtrip wäre das prima, denn wir bewegen uns, was die geplanten
Nationalparks angeht nur in Utah. Das Frühstück schmeckt hervorragend und weil
es zusätzlich mit diesem kleinen Hoffnungsschimmer gekrönt wurde, sind wir
gleich doppelt zufrieden.
Heute fahren wir einmal durch Zion durch, natürlich ohne
anzuhalten, denn der Ranger ist direkt hinter uns. Wir sehen wilde
Berghornziegen, tolle Lichtspiele und verhalten uns einfach, wie die meisten
Touristen und fotografieren aus dem Auto raus. Es scheint uns so, als wäre das
einigen sowieso viel lieber.
Unser Weg führt uns nach Norden, denn eigentlich wäre heute
unser Tag im Bryce Canyon Nationalpark. Da der allerdings weiterhin geschlossen
hat und deshalb die Straße durch den Canyon gesperrt ist, entscheiden wir uns
um. Wir biegen von der ursprünglichen Route ab und besuchen den Cedar Break
National Monument Park. Das ist zwar auch ein Nationalpark, allerdings ist es
hier ausdrücklich gestattet das Auto abzustellen und Wanderungen zu
unternehmen. Hier macht anscheinend jeder was er will und offensichtlich sind
die unterschiedlichen Counties auch unterschiedlicher Meinung, wie die
Regierungsanweisungen ausgelegt werden können. Uns ist das recht.
Wir fahren durch den Dixie National Forest, der den Cedar
Break Park einkesselt, und sind schwer beeindruckt, weil wir durch riesige
Lavafelder fahren. Diesen Wald hatten wir überhaupt gar nicht auf der Uhr. Ich
habe in der Urlaubsvorbereitung auch viel gelesen, aber über diesen hübschen
Ort nichts gefunden.
Die Temperatur fällt stetig und die Ambit 2 vom Zeugwart
zeigt an, dass wir stets hoch fahren. Die Landschaft hier ist komplett anders
als noch in Zion und je weiter der SUV die Berge hochkrackselt, desto kälter
und windiger wird es. Am Eingang des Cedar Parks werden wir von einem Schild
darauf hingewiesen, dass der Eintritt am nächsten Parkplatz zu zahlen ist und
wir dort zu stoppen haben. Kein Problem, vielleicht gibt es dort ja auch eine
Toilette, das käme mir gelegen.
Der nächste Parkplatz ist auch der Beginn eines
ausgeschilderten Trails, so dass wir das Auto abstellen, uns anziehen und uns
auf den Weg machen. Wir sind hier auf 3200m und haben nur noch 4°C, also heißt
es Jacken rauskramen und Mütze auf. Hier weht es unfassbar eisig über die
Kuppen und da der ausgesuchte Wanderweg an der Abrisskante eines Canyons entlang
führt, gibt es auch kaum geschützte Stellen. Es weht wirklich unerbittlich. In
den nächsten Urlaub nehmen wir –außer Mützen- auch noch Handschuhe mit.
Der Blick in den Canyon ist gigantisch. Total unerwartet,
weil wir bei der mit Wald bedeckten Berglandschaft niemals mit einem solch
malerischen Canyon direkt 200m weiter gerechnet hätten. Wir sind total
überrascht. Und wir sind total kurzatmig. Diese Wanderung werde ich dem Trainer
als Höhentraining verkaufen. Der Weg verläuft an der Felsabrisskante mal hoch
mal runter, immer im Wind und immer so, daß ein falscher Schritt ein Unglück
bedeuten würde. Und zwar ein ziemlich tiefes Unglück. Ab und an gibt es
Ausweichmöglichkeiten, weil hier im Sommer bestimmt jede Menge los ist, und
natürlich um Fotos zu machen. Heute hält sich der Betrieb in Grenzen, und zwar
in Engen.
Auf dem Rückweg zum Parkpatz begüßt uns noch das
obligatorische Touristenhörnchen. Es hat ganz offensichtlich heute, bei der
Kälte, das kürzeste Hölzchen beim Knobeln gezogen und während all seine Kumpels
im warmen Bau stecken, mußte es raus um sich den Wanderern zu zeigen. Der
Buschfunk hat nicht gut funktioniert heute... denn immerhin haben wir ja in
Zion schon die wilden Berghornziegen gesehen. Das heißt, was Wildtiere angeht
waren wir eigentlich heute bereits voll im Soll. Aber das Hörnchen ist lustig
und wartet sogar, bis ich die Kamera rausgekramt habe. Sehr nett. Dann aber ist
es froh, dass es zurück in die warme Höhle darf.
Weil wir ja ordentliche Parkbesucher sind, marschieren wir,
nachdem wir zurück am Auto sind, zur kleinen Hütte, in der wir den Ranger
vermuten. Dort hängt allerdings das mittlerweile bekannte „Governmental Shut
Down“ Hinweisschild und so verzichten wir auf die Zahlung der Eintrittsgebühr.
Es ist aber trotzdem nett, dass wir die Wanderung machen durften, auch wenn man
unser Geld hier nicht haben möchte.
Die Weiterfahrt durch den Dixie Forest führt uns zum Red
Canyon, der seinen Namen mehr als verdient hat. Hier kraxelt man die Trails
einfach irgendwie hoch und macht sich am Besten erst oben darüber Gedanken, ob
das gerade gefährlich war, oder nicht. So mache ich es zumindest. Das ist auch
ganz gut, denn die vermeindlichen Wege führen über Geröllfelder mit kleinen
winzigen Schottersteinen, die ganz besonders rutschig sind. Trotzdem lohnt es
sich. Natürlich. Der Ausblick von oben ist wundervoll. Runter ist es noch eine
Idee rutschiger und der Zeugwart rutscht auch tatsächlich ab und prellt sich
die Hand. Ich bin sehr froh, dass er nicht den kompletten Abhang runter
gerutscht ist und sich nur die Hand geprellt hat. Das hätte auch anders
ausgehen können. Den Red Canyon hatte ich ebenfalls nicht auf meiner Liste.
Bryce hat einfach alles für heute überschattet.
Ehe wir heute das nächste Hotel erreichen, fahren wir am
Bryce Canyon Nationalpark vorbei. Hier gibt es einen Privatmann, der sein
Grundstück geöffnet hat und mit großen Hinweisschildern von der Hauptstraße den
Parkbesuchswilligen die Möglichkeit bietet, einen Blick von der Abrißkante zu
werfen. Es ist ein Seitenarm des Parks und natürlich nicht das komplette Paket.
Aber es ist total schön und wirklich außerordentlich nett, dass sich hier
jemand Gedanken macht und seine Gatter öffnet, damit die Touristen was zu
schauen haben. Die Hinweisschilder sind so groß, dass es fast einen offiziellen
Touch hat.
Wir erfahren hier auch noch mal aus erster Hand, dass der Staat
Utah wohl ernsthaft darüber nachdenkt, die Nationalparks innerhalb der
Staatsgrenzen ab morgen zu öffnen. Offensichtlich wurden hier im Ort bereits
einige Leute darüber informiert.
Nachdem wir noch einen Regenschauer gut überstanden haben,
fahren wir nach Tropic. Hier, am Rand des Bryce Nationalparks, übernachten wir
heute. Immer mit der Hoffnung, dass sich entweder alle im großen Kreis einigen,
oder der Staat Utah uns einen Gefallen tun wird.
Wir lassen uns überraschen.
Cedar Break und der Dixie Forest warem heute auf jeden Fall
zwei ungeplante, dafür aber extrem tolle Alternativen. Manchmal muß man auch einfach mal Glück haben.
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