I know of no single factor that more greatly affects our ability to perform than the image we have of ourselves. (..) The most dramatic changes that take place…occur when you abandon a concept of self which had previously limited your performance. My job is to let go of the concepts and limiting images which prevent me from perceiving and expressing my greatest potential.”


(Timothy Gallwey, author of Inner Game of Tennis; in The Total Runner by Dr. Jerry Lynch)

Mittwoch, 9. Oktober 2013

Höhentraining


Nach einer denkbar dunklen, sternenklaren Nacht wache ich noch vor dem Vogelgezwitscher auf. Soviel also zu: „das Jetlag merkt man in dieser Richtung nicht“ -schon klar. Mein Körper sieht das anders.

In Springdale frühstücken wir ganz hervorragend und erfahren ganz nebenbei aus den Nachrichten, dass die Regierung des Staates Utah überlegt, die Nationalparks im Staat mit Staatsbediensteten zu bestücken, so dass die Parks ab morgen wieder normal besucht werden können. Offensichtlich sind die Verluste, die dem Staat durch die Schließung entstehen, massiv. Für unseren Roadtrip wäre das prima, denn wir bewegen uns, was die geplanten Nationalparks angeht nur in Utah. Das Frühstück schmeckt hervorragend und weil es zusätzlich mit diesem kleinen Hoffnungsschimmer gekrönt wurde, sind wir gleich doppelt zufrieden.

Heute fahren wir einmal durch Zion durch, natürlich ohne anzuhalten, denn der Ranger ist direkt hinter uns. Wir sehen wilde Berghornziegen, tolle Lichtspiele und verhalten uns einfach, wie die meisten Touristen und fotografieren aus dem Auto raus. Es scheint uns so, als wäre das einigen sowieso viel lieber.

Unser Weg führt uns nach Norden, denn eigentlich wäre heute unser Tag im Bryce Canyon Nationalpark. Da der allerdings weiterhin geschlossen hat und deshalb die Straße durch den Canyon gesperrt ist, entscheiden wir uns um. Wir biegen von der ursprünglichen Route ab und besuchen den Cedar Break National Monument Park. Das ist zwar auch ein Nationalpark, allerdings ist es hier ausdrücklich gestattet das Auto abzustellen und Wanderungen zu unternehmen. Hier macht anscheinend jeder was er will und offensichtlich sind die unterschiedlichen Counties auch unterschiedlicher Meinung, wie die Regierungsanweisungen ausgelegt werden können. Uns ist das recht.

Wir fahren durch den Dixie National Forest, der den Cedar Break Park einkesselt, und sind schwer beeindruckt, weil wir durch riesige Lavafelder fahren. Diesen Wald hatten wir überhaupt gar nicht auf der Uhr. Ich habe in der Urlaubsvorbereitung auch viel gelesen, aber über diesen hübschen Ort nichts gefunden.

Die Temperatur fällt stetig und die Ambit 2 vom Zeugwart zeigt an, dass wir stets hoch fahren. Die Landschaft hier ist komplett anders als noch in Zion und je weiter der SUV die Berge hochkrackselt, desto kälter und windiger wird es. Am Eingang des Cedar Parks werden wir von einem Schild darauf hingewiesen, dass der Eintritt am nächsten Parkplatz zu zahlen ist und wir dort zu stoppen haben. Kein Problem, vielleicht gibt es dort ja auch eine Toilette, das käme mir gelegen.

Der nächste Parkplatz ist auch der Beginn eines ausgeschilderten Trails, so dass wir das Auto abstellen, uns anziehen und uns auf den Weg machen. Wir sind hier auf 3200m und haben nur noch 4°C, also heißt es Jacken rauskramen und Mütze auf. Hier weht es unfassbar eisig über die Kuppen und da der ausgesuchte Wanderweg an der Abrisskante eines Canyons entlang führt, gibt es auch kaum geschützte Stellen. Es weht wirklich unerbittlich. In den nächsten Urlaub nehmen wir –außer Mützen- auch noch Handschuhe mit.

Der Blick in den Canyon ist gigantisch. Total unerwartet, weil wir bei der mit Wald bedeckten Berglandschaft niemals mit einem solch malerischen Canyon direkt 200m weiter gerechnet hätten. Wir sind total überrascht. Und wir sind total kurzatmig. Diese Wanderung werde ich dem Trainer als Höhentraining verkaufen. Der Weg verläuft an der Felsabrisskante mal hoch mal runter, immer im Wind und immer so, daß ein falscher Schritt ein Unglück bedeuten würde. Und zwar ein ziemlich tiefes Unglück. Ab und an gibt es Ausweichmöglichkeiten, weil hier im Sommer bestimmt jede Menge los ist, und natürlich um Fotos zu machen. Heute hält sich der Betrieb in Grenzen, und zwar in Engen.




Auf dem Rückweg zum Parkpatz begüßt uns noch das obligatorische Touristenhörnchen. Es hat ganz offensichtlich heute, bei der Kälte, das kürzeste Hölzchen beim Knobeln gezogen und während all seine Kumpels im warmen Bau stecken, mußte es raus um sich den Wanderern zu zeigen. Der Buschfunk hat nicht gut funktioniert heute... denn immerhin haben wir ja in Zion schon die wilden Berghornziegen gesehen. Das heißt, was Wildtiere angeht waren wir eigentlich heute bereits voll im Soll. Aber das Hörnchen ist lustig und wartet sogar, bis ich die Kamera rausgekramt habe. Sehr nett. Dann aber ist es froh, dass es zurück in die warme Höhle darf.

Weil wir ja ordentliche Parkbesucher sind, marschieren wir, nachdem wir zurück am Auto sind, zur kleinen Hütte, in der wir den Ranger vermuten. Dort hängt allerdings das mittlerweile bekannte „Governmental Shut Down“ Hinweisschild und so verzichten wir auf die Zahlung der Eintrittsgebühr. Es ist aber trotzdem nett, dass wir die Wanderung machen durften, auch wenn man unser Geld hier nicht haben möchte.

Die Weiterfahrt durch den Dixie Forest führt uns zum Red Canyon, der seinen Namen mehr als verdient hat. Hier kraxelt man die Trails einfach irgendwie hoch und macht sich am Besten erst oben darüber Gedanken, ob das gerade gefährlich war, oder nicht. So mache ich es zumindest. Das ist auch ganz gut, denn die vermeindlichen Wege führen über Geröllfelder mit kleinen winzigen Schottersteinen, die ganz besonders rutschig sind. Trotzdem lohnt es sich. Natürlich. Der Ausblick von oben ist wundervoll. Runter ist es noch eine Idee rutschiger und der Zeugwart rutscht auch tatsächlich ab und prellt sich die Hand. Ich bin sehr froh, dass er nicht den kompletten Abhang runter gerutscht ist und sich nur die Hand geprellt hat. Das hätte auch anders ausgehen können. Den Red Canyon hatte ich ebenfalls nicht auf meiner Liste. Bryce hat einfach alles für heute überschattet.

Ehe wir heute das nächste Hotel erreichen, fahren wir am Bryce Canyon Nationalpark vorbei. Hier gibt es einen Privatmann, der sein Grundstück geöffnet hat und mit großen Hinweisschildern von der Hauptstraße den Parkbesuchswilligen die Möglichkeit bietet, einen Blick von der Abrißkante zu werfen. Es ist ein Seitenarm des Parks und natürlich nicht das komplette Paket. Aber es ist total schön und wirklich außerordentlich nett, dass sich hier jemand Gedanken macht und seine Gatter öffnet, damit die Touristen was zu schauen haben. Die Hinweisschilder sind so groß, dass es fast einen offiziellen Touch hat.

Wir erfahren hier auch noch mal aus erster Hand, dass der Staat Utah wohl ernsthaft darüber nachdenkt, die Nationalparks innerhalb der Staatsgrenzen ab morgen zu öffnen. Offensichtlich wurden hier im Ort bereits einige Leute darüber informiert.

Nachdem wir noch einen Regenschauer gut überstanden haben, fahren wir nach Tropic. Hier, am Rand des Bryce Nationalparks, übernachten wir heute. Immer mit der Hoffnung, dass sich entweder alle im großen Kreis einigen, oder der Staat Utah uns einen Gefallen tun wird.

Wir lassen uns überraschen.

Cedar Break und der Dixie Forest warem heute auf jeden Fall zwei ungeplante, dafür aber extrem tolle Alternativen.  Manchmal muß man auch einfach mal Glück haben. 

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