I know of no single factor that more greatly affects our ability to perform than the image we have of ourselves. (..) The most dramatic changes that take place…occur when you abandon a concept of self which had previously limited your performance. My job is to let go of the concepts and limiting images which prevent me from perceiving and expressing my greatest potential.”


(Timothy Gallwey, author of Inner Game of Tennis; in The Total Runner by Dr. Jerry Lynch)

Donnerstag, 12. Juli 2012

Seeungeheuer

Frankfurt ist derzeit wie leer gefegt. Alle Väter und Mütter sind mir ihren Kinder ordnungsgemäß in die Sommerferien gefahren und überlassen die Stadt sich selbst. Ich bin in 25Minuten am See. Das ist Rekord, definitv.

Die Teamchefin winkt mich großzügig auf einen Parkplatz ein und nachdem ich gleich ein tolles Geburtstagsgeschenk entgegen nehmen darf, fährt, noch ehe ich es auspacken kann, einer unserer frisch gebackenen Ironmänner vor. Wir werfen uns sofort auf die Knie in den Staub und gratulieren ihm.

Außer dass er ziemlich braun gebrannt ist, wirkt er –trotz Wahnsinnsleistung am vergangenen Sonntag- ganz normal.
Ich denke noch darüber nach, wo sich die Veränderung wohl verbirgt, während ich mein Geschenk weiter auspacke.

Der Flitzer und die Mädels kommen auch gerade an und jeder gratuliert mir noch nachträglich. Wunderbar. Und wie wir da so beisammen stehen, schafft es jeder für sich auch gleich etwas Ironmanfeeling aufzunehmen. Eine tolle Energie. Unser frische Ironman erzählt mit so viel Leidenschaft, das gefällt mir gut.

Als der Zeugwart samt bärschem Fahrdienst, Profiathlet und Bibi eintrifft, ziehen wir uns um und pilgern zum See.
Bibi zeigt ihrem Blümchenneoprenanzug noch flott was ne Harke ist und hext blitzschnell mal 10cm mehr an den Anzug dran. Respekt.
Ich kriege noch mitgeteilt, dass sie Angst hat hier mitzuschwimmen und dann sehe ich nur noch, wie sie sich an das Wasser ranpirscht. Wir sind recht spät dran und so müssen wir gar nicht lange auf das Startsignal warten.

Und schwupp ist Bibi losgeschwommen. Mrs."ich habe Angst im See" ist schon nicht mehr zu sehen. So ist das mit den Hexen...
Der Bär hält draußen Wache und checkt mit dem Fotografen die Lage. So sind wir überall vertreten, das ist prima.

Ich schwimme wieder zusammen mit der Teamchefin los. Meine Schwimmbrille hat heute keine Lust und hofft, wenn sie möglichst ausgiebig beschlägt, hätte ich ein Einsehen und würde umdrehen.
Da das aber nicht in Frage kommt schwimme ich vernebelt. Das ist auch besser so, denn so sehe ich das Seeungeheuer nicht, die die Teamchefin ganz offenbar festhält, und komme mir ganz sicher vor.

Ich höre auf meine Beine zu benutzen und schau mich immer mal um die Teamchefin nicht zu verlieren. Da sie sonst immer vorne schwimmt ist das für mich eine ungewohnte Situation.
Aber das Etwas hält sich sonst eben auch bedeckt und hält sie nicht fest. Heute ist alles anders. Es scheint ihre Beine zu umwickeln und macht sich einen lustigen Spaß daraus sich von ihr durch den See ziehen zu lassen.

Es ist kein guter Schwimmtag für die Teamchefin.

Ich komme gut voran, alles fühlt sich einfach und dynamisch an. Vielleicht hat Das Seeungeheuer was falsch verstanden und schiebt mich deshalb vorwärts? Es weiß vielleicht nicht, dass die Teamchefin und ich in einem Team sind und von daher gleichermaßen gefördert werden sollten? Während wir da so schwimmen und ich darüber nachdenken ob es hier im See eigentlich wirklich große Tiere gibt und wie tief der See eigentlich ist, sind wir schon fertig und zurück am Ufer.

Der Profiathlet ist gleich zur Stelle und kann die Teamchefin einsammeln. Die ist nicht fit. Ihr ist schwindlig und übel. Wirklich, dieses Seeungeheur hat es übertrieben. Sowas muß doch nicht sein.
Ein Trainingseffekt ist ok, aber gleich so ein Bremser?

Ich beschließe beim nächsten Mal hinter ihr zu schwimmen und die Tentakel einfach zu lösen. Heldenhaft. So wird’s gemacht.

Oben am Auto angekommen ziehen wir uns um und der Zeugwart verteilt noch ein bischen Zeug, das nicht uns gehört, aber für eine zeitlang bei uns lagerte. So hat der Flitzer endlich sein Finishershirt vom Nightrun und der Ironmanathlet seine Schwimmschlappen zurück. Sehr gute Organisation.

Wir suchen uns alle noch schnell unser Abendessen aus und dann geht’s mit Vollgas in Richtung Tevere. Heute ist es wichtig nach vorne zu schauen, denn auf meiner Lieblingsspur auf der A3 steht eine S-Bahn Lok. Das ist ja mal ein Ereignis. Ehe ich fragen kann was sie da macht, wie lange sie bleiben möchte und warum, sind wir schon vorbei und verlassen die Autobahn.

In der Tevere steht alles schon bereit. Allerdings belegen wir heute einfach mal zwei Tische, denn die seltene Begleitung vom Profi, Bibi und Bär vergrößert unsere übliche Afterswimtruppe ja plötzlich um das Doppelte.

Am Essenstisch gibt es herrliche Erzählungen von vergangenen Wettkämpfen.
Es ist, als wären wir dabei gewesen, als der Bär von einer Duschbegegnung mit einer bayrischen Schildkröte berichtet. Wunderbar ist auch, dass bei einem Wettkampf in einer anderen Stadt im Hotelzimmer vorher Kanarienvögel wohnten. Vorher im Sinne von "gerade erst". Alle Körner waren noch da.
Geschichten wie das Leben sie einfach am Allerbesten schreiben kann. Jeder kreative Kopf hätte sich gestern die Finger geleckt.

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