Nachdem sich beim Steinbecker Triathlon der Homestay als äußerst praktisches und angenehmes Übernachtungsmittel herausgestellt hat,wählen wir für das nächste nordische Event in unserem Kalender nicht die Gleiche, aber doch eine ähnliche Übernachtungsform. Und weil ein Homestay meist mit einer äußerst fürsorglichen Crew ausgestattet ist, bekommen wir heute um 7:30h Frühstück mit Ei und können uns dann ganz gemütlich auf in den Fürsten Forest machen.
Dort, im nordischen Fürstenau,findet heute Tough Mudder statt, ein Hindernislauf der Extraklasse.
Die Parkplatzsituation ist zugegebenermaßen gewöhnungsbedürftig und fördert den bei diesem Event noch so oft gepriesenen Teamgeist in einer besonderen Art und Weise. Autos mit weniger als drei Personen zahlen 10EUR Parkgebühr. Das habe ich im Vorfeld nirgends gelesen und ich muß zugeben, ich bin negativ überrascht. Vom Parkplatz aus fahren kostenlose Shuttlebusse zum Eventgelände und zwar bis direkt vor den Eingang.
Nachdem wir auf dem Eventgelände eingecheckt haben sondiert der Zeugwart erst mal die Lage. Das Start-und Ziel Gebiet ist mit vielen Fressbuden, Umkleidezelten, Gepäckaufbewahrung, unendlich vielen Toilettenhäuschen und einem ersten Hindernis die Basis dieses Abenteuers. Da die erste Startgruppe bereits auf die Strecke gelassen wurde, ist am Eiswasserbecken auch gleich jede Menge los. Die Menschen schieben sich, nicht nur auf der Strecke, sondern auch im Zuschauerbereich. Man kann hier an jedem Hindernis auch ohne Probleme vorbei laufen, aber von dieser Startgruppe scheint das keiner zu wollen. Es geht um nichts, nur die Schweinehunde müssen anscheinend ordentlich abgekühlt werden. Jeder wie er möchte eben.
Am Ende des Eiswasserhindernisses steht ein wunderbares Schild...
Da das Ziel ebenfalls auf diesem Areal ist, schauen der Zeugwart und ich uns das auch gleich an. Hier ist zwar heute noch keiner rein gelaufen, aber –weil es mit einem Stromkabelhinderniss dekoriert ist- zieht es die Neugierigen schon jetzt an. Obwohl sie sowieso noch hindurch müssen, gibt es schon jetzt Athleten, die gleich mal antesten ob wirklich Strom da ist.
Tough Mudder wird in Wellen gestartet. Alle halbe Stunde wird eine Startbox an Menschen auf die Strecke gelassen.
Die nächste Startgruppe ist bereits in die Startbox geklettert. Hier gibt’s nämlich nicht einfach die Möglichkeit sich hinten anzustellen. Bei Tough Mudder klettert man über eine Wand aus Holz, die ein gutes Stück höher ist als ich groß bin, in die Startbox. Und der Moderator gibt gleich bekannt, dass jeder, der es nicht alleine über die Wand schafft, höchstwahrscheinlich noch nicht bereit sei für Tough Mudder. Alle anderen, die es ganz offensichtlich geschafft haben, weil sie sich in der Box befinden, werden nun auf die Regeln von Tough Mudder eingeschworen. Der Moderator hat seine Startgruppe gut im Griff und so werden der Teamgeist bestärkt und alle bestätigen mit einem laut gebrüllten Uuaaaaahhh, dass sie verstanden haben, dass es um die Gemeinschaft geht und das dies kein Rennen ist, sondern eine Herausforderung. Der Moderator fordert außerdem, dass alle bestätigen, dass sie verstanden haben, dass sie Hilfe leisten müssen, wenn sie gefragt ist. Alleine kommt hier keiner durch, die Gemeinschaft und der Zusammenhalt macht sie stark.
Mich reißt der Moderator sofort mit und auch bei den Tough Mudder Anwärtern scheint seine Rede ihre Wirkung nicht zu verfehlen. Sie brüllen ihr Uuaaaahhh und allen ist klar, dass Erste Hilfe, Rücksicht und Zusammenarbeit wichtiger ist, als Zeit und sich alleine durchzuschlagen.
Ich bekomme wirklich Lust selbst mitzumachen. Außer, dass ich es natürlich noch nicht mal in die Startbox schaffen würde. Mir geht’s eher um das Gemeinschaftsgefühl. Direkt neben dem Start gibt es noch ein Hindernis, was zum Schluß, als vorletztes von den Teilnehmern bewältigt werden muß: der Everest.
Tough Mudder wirkt auf mich schon jetzt unglaublich anstrengend. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen den Everest zu bezwingen... und ich habe die 18km Wegstrecke mit den ganzen anderen Hindernissen noch gar nicht in den Knochen.
Nachdem wir eine weitere Startgruppe auf die Reise geschickt haben machen wir es wie einige andere Zuschauer. Auf geht's in den Wald.
Wir folgen der Spur der Mudder’s und sind stets bemüht nicht umzuknicken oder in tiefe Löcher zu treten. Der Parcour geht hier im Fursten Forest durch ein Armeeübungsgebiet und ist dementsprechend uneben. Ich wäre schon nach den ersten 100m platt wie ne Flunder, nicht so die Teilnehmer. Wir passieren das Km2 – Schild und erreichen eine Pfütze. Hier geht die Strecke mitten durch und wie die Pfütze da so auf die Abenteurer wartet überlege ich mir, dass dabei die Schuhe ja ganz schön naß werden können. Wie unschön. Und weil ich so total naiv bin, aber lernfähig, kommen die ersten angerannt… unterschätzen die Tiefe und versinken quasi locker bis zum Bauch im Schlamm. Ich lach mich erst mal tot. Unglaublich was die Teilnehmer hier wegstecken und was die für einen Spaß dabei haben. Dass nur die Schuhe dreckig werden ist hier wohl wirklich das kleinste Problem.
Mittlerweile haben der Zeugwart und ich auch schon Lieblingsteilnehmer bzw. Gruppen, die uns immer wieder auffallen. Ganze Army-Einheiten scheinen sich für die Teilnahme angemeldet zu haben. Aber auch ganz normale Menschen… normal im Sinne von total fit, aber eben nicht bei der Armee. Als unfitter kommt man ja noch nicht mal in die Startbox rein. Durchtrainiert ist hier jeder. Ausnahmen gibt es da keine. Und jeder kämpft um jeden Meter und niemals gegen einen Mitläufer. Besonders auffällig ist das für mich am Hindernis-Hang mit dem freundlichen Titel Cliffhanger. Von der Seite, auf der ich mich befinde sind es geschätzte 2,50m Hang. Von der anderen Seite geht es tief runter… bestimmt 15m. Die Teilnehmer müssen sich mit Hilfe von Wurzeln und ihren Mitmuddern hier hoch kämpfen. Während wir warten können wir beobachten wie eine Armyeinheit den Hang ganz locker bewältigt, weil einer eine Leiter vortritt und 12 hintendran bleiben und seinen Weg nachgehen. Und wir beobachten beeindruckende Teamszenen bei denen sich Männer als Kletterhilfe anbieten: „Du darfst Dich an fast allem an mir festhalten.“ Oder sich extra noch mal runter lassen und ihre Mitstreiter mit den Worten „grab my leg“ unterstützen. Eine Gruppe von Herren wartet sogar auf wildfremde Mudders, weil den Herren klar ist, gehen sie weg, hilft von oben keiner mehr. Der Hang wäre verlassen. Also warten sie. Ich finde das wunderbar.
Wir laufen weiter, sehen wie viel Spaß auch die anwesenden Sanitäter haben, weil sie mit ihren M-Klassen querfeldein kurven dürfen, und landen beim Fire Walker. Hier brennts, das sieht man schon von weitem und die Teilnehmer springen über das Feuer drüber in einen Wassergraben rein. Jeder springt. Ich bin beeindruckt. Und es wirkt auf mich so, als hätten hier die Feuerwehrmänner auch richtig ihren Spaß. Dieses Event ist eben etwas ganz besonderes.
Der Zeugwart und ich laufen den Teilnehmern hinterher, passieren die Mud-Mile
in der etwas Wasser fehlt und betrachten uns „Walk the Plank“. Hier fragt sich der Zeugwart, warum alle Frauen schreien müssen, wenn sie ins Wasser springen… und ich frage mich, warum alle Männer das nicht tun. Und wie ich so darüber nachdenke, woran es wohl liegen könnte, fängt eine Gruppe von Crossfittern an, Burpees zu machen. Das tun sie einfach so lange, bis alle von ihrer Gruppe das Hindernis überwunden haben. Offensichtlich sind die anstrengenderes gewöhnt.
Überhaupt sehe ich hier viele Crossfit- Gruppen. Man könnte also durchaus mal einen Kurs anbieten: in 12 Wochen fit für Tough Mudder oder sowas. Das wäre sicherlich ein Verkaufsgarant. Und zum Schluß startet der ganze Kurs bei dieser Veranstaltung. Das wäre doch gigantisch. Aber ich bin heute nicht hier um mir neue Werbesachen für Crossfitboxen auszudenken. Heute bin ich Zuschauer und sauge den Teamgeist und den Ehrgeiz der Teilnehmer auf wie deren Klamotten den Schlamm. Mittlerweile haben die Mudder schon rund die Hälfte der zu absolvierenden 18km Wegstrecke hinter sich… und weil es so schön ist, tragen sie nun noch ein paar Baumstämme durch die Gegend. Der Zeugwart und ich kürzen ab. Ohne Baumstamm. Wir nehmen ein paar kleine Umwege in Kauf, sind nochmals total fasziniert vom Boa Constrictor Hindernis, bei dem die Teilnehmer durch dunkle Röhren, die nicht frei von Wasser und Schlamm sind, kriechen müssen. Das letzte Stück Röhre geht bergauf, auch hier ist ohne Teamgeist nichts zu holen. Schon mit Teamgeist ist das ein schwieriges Hindernis. Aber machbar. Ganz offensichtlich.
Wir laufen in Richtung Everest und Ziel. Und weil wir manche Teilnehmer mittlerweile fast lieb gewonnen haben, freuen wir uns natürlich umso mehr, als wir sie an diesen letzten Hindernissen sehen. Die Kräfte lassen bei den Teilnehmern mittlerweile deutlich nach, nicht bei allen, aber doch bei einigen. Und trotzdem wird jedem geholfen.
Der Zieleinlauf geht durch Mark und Bein. Mir vor Emotionen, den Teilnehmern vom Strom, der in lauter Kabeln von oben runterhängt. Die Tough Mudder Teilnehmer bekommen ein Finishershirt und ein Stirnband. Alle sind Sieger und alle sind unglaublich eingesaut. Während der Zeugwart und ich noch etwas zum Mittag essen blicken wir auf viele dreckige, aber glückliche und sehr zufriedene Gesichter. Das Areal, das vorhin noch relativ leer war, liegt nun voll mit erschöpften Teilnehmern.
Und alle sind irgendwie Helden. Weil sie den Parcour geschafft haben, weil sie –und das ist das Besondere in der heutigen Zeit- Wert darauf gelegt haben, dass alle mitkommen und weil sie das Wohl aller und den Erfolg ihres Teams über ihre eigene Zeit gestellt haben. Events wie dieses, ohne Zeitnahme und mit der Vorgabe, dass es um den Teamgeist geht, sollte es viel mehr geben. Und wenn die Hindernisse nicht ganz so groß wären, würde ich vielleicht auch selbst mal mitmachen… wenn ich genug trainiert hätte.
Aaaaah, auf diesen Bericht habe ich gewartet. Mal wieder klasse geschrieben, mitreissend und unterhaltsam :-) Danke, dass Du Deine Eindrücke geteilt hast! Das Spektakel hätte ich mir ja auch zu gerne angesehen.
AntwortenLöschenLiebe Grüße,
Caro
Liebe Caro,
Löschenim kommenden Jahr wird es ein Tough Mudder Abenteuer auch im Frankfurter Raum geben. Ich denke da wirst Du es Dir sicherlich nicht nur ansehen sonder ganz bestimmt selbst mitmachen?!
Die Teilnehmer hatten soviel Spaß... unglaublich.
Viele Grüße,
Claudi
Och, äh, ich bin ja noch so im Wirdfit-Modus und nicht im Istfit :-) Wahrscheinlich wäre auch im nächsten Jahr noch die Wand zur Startbox ein Hinderniss, dass ich nicht schaffe. Zuerst lasse ich mal meinem Bruder den Vorrang. Er startet beim Braveheart-Battle. Wenn das Anfeuern genug Spaß gemacht hat, werfe ich mich auch mal in den Matsch!
LöschenLiebe Grüße,
Caro
toller Bericht Claudi - das TEAM ELITE sagt Danke!
AntwortenLöschenDu hättest bestimmt auch alle Hindernisse geschafft. Aber gut du hast dich diesmal für die Außenansicht entschieden - beim nächsten Mal musst du aus schon aus rein investigativer Verplichtung natürlich als embedded Reporter in der Truppe mitlaufen, um aus erster Hand berichten zu können....;-)
Big Balla
Ha ha... gute Idee mit dem embedded Reporter. Ich merke mir das gerne mal vor.
LöschenViele Grüße,
Claudi