I know of no single factor that more greatly affects our ability to perform than the image we have of ourselves. (..) The most dramatic changes that take place…occur when you abandon a concept of self which had previously limited your performance. My job is to let go of the concepts and limiting images which prevent me from perceiving and expressing my greatest potential.”


(Timothy Gallwey, author of Inner Game of Tennis; in The Total Runner by Dr. Jerry Lynch)

Sonntag, 30. September 2012

Schutzengel läuft.

Die Zeiten haben sich geändert. Früher konnte man sich nicht vorstellen Leute anders als persönlich zu kennen und heute kennt man viele Leute eben irgendwie persönlich aber nicht von Mensch zu Mensch, sondern über das Internet.

Heute ist ein besonderer Tag. Wir laufen in Frankfurt den "Race for the Cure". Wir, dass sind Anja's laufende Schutzengel.  Ich gehöre dazu. 
Obwohl ich von der Gruppe vielleicht 5Leute schon mal persönlich getroffen und Anja lediglich im Umkreis mal bei Wettkämpfen oder bei der Swimnight hallo gesagt habe, war für mich sofort klar, dass ich mitlaufe. Eine gute Freundin von Anja hat bei Triathlon-Szene einen Aufruf gestartet, so dass ich die Gelegenheit zur Onlinevoranmeldung genutzt habe. Bei Anja wurde im Mai, kurz nach dem Triathlon in Gelnhausen, bei dem wir sie noch angefeuert haben, der Krebs entdeckt. 

Mit insgesamt 161 Leuten bilden wir heute die größte private Supportergruppe und bekommen vom Veranstalter ein eigenes Zelt für die Ausgabe der Startnummern aufgestellt. Als ich heute früh noch mal flott ins Forum schaue, ob alles so ist, wie gestern und ich einfach nur laufen muß, stelle ich fest, dass ein Gruppenbild gemacht werden soll und es deshalb gut wäre, wenn ich in 45Minuten am Pavillion bin. Wow. Das ist dynamisch, aber der Zeugwart und ich sind engagiert und so springe ich in die Laufklamotten, die ich gestern schon rausgelegt habe. 

Meine Hose hat grüne Streifen, denn weil Anja auf grün steht, haben die Organisatorinnen angeregt, dass jeder von uns was grünes beim Lauf dabei hat. Als der Zeugwart und ich am Pavillon ankommen erkenne ich die Schutzengel sofort... wirklich jeder hat sich nämlich tatsächlich bemüht was grünes zu finden. Grüne Bufftücher, grüne Stirnbänder, Mützen, Kappen, Haarbänder, Shirts, Hosen, sogar ein Hemd tritt heute über die 5km an. Wow. Die Helferinnen, die unsere Startshirts und Nummern ausgeben, tragen grüne Engelsflügel. 

Dann geht alles ganz zackig und Anja hat ganz viel zu tun. Sie gibt Interviews fürs Fernsehen, steht mittig zwischen ihren Engeln für ein Gruppenbild und begrüßt ganz viele Mitläufer. Wir lernen Pantone und ihre Familie kennen und treffen Julia, die mit mir vor zwei Jahren die Meile in Oberursel gelaufen ist und sehen Nina wieder, mit der wir schon zusammen beim Ironman angefeuert haben. Um Anja zu unterstützen sind auch Läufer von recht weit weg angereist. Toll, was das Internet möglich macht. 

Lisabet läuft heute auch mit. Wir haben ausgemacht, dass wir nach dem Lauf zusammen heim laufen, weil sie verrückte 30km als Marathontraining laufen möchte und ich noch einen langen Lauf für den Joey absolviere. Madita läuft heute nicht. Ihre Wadenkniepartie beschwert sich regelmäßig und da alles auf den Ironman im nächsten Jahr ausgerichtet ist, möchte sie verständlicherweise nichts riskieren. 

Lisabet und ich beziehen Stellung und laufen einträchtig nebeneinander her. Wir überholen viele, springen auf Bordsteine, umlaufen Walkergruppen, erlaufen uns die Brücken und sind nach 32Minuten im Ziel. Respekt. 
Da bekomme ich meinen Finisherbeutel, besorge uns was zu trinken und dann ziehe ich mir ein anderes Shirt an und verabschiede mich mit ein paar guten Wünschen von Anja. Lisabet und ich laufen, nach einem weiteren Stop an den saubersten Dixiklos Frankfurts, los in Richtung zu Hause. Mit ein paar Gel/ Riegel Essensgehpausen und Wassertrinkgehpausen laufen wir in Richtung Offenbach am Main entlang. Gott, komme ich mir sportlich vor. Madita und der Zeugwart nehmen indes die Autos. Und während wir so laufen denke ich mir mehr als einmal, dass ich mich besser auch mal ins Auto gesetzt hätte. Weil es einfach so anstrengend ist. Die Vorbelastung von gestern ist hier eindeutig meine Ausrede... meine Oberschenkel haben sich nämlich nicht an die Anweisung gehalten und schmerzen extrem. 

Die letzten 1,5km könnte ich nur noch gehen, daher rufe ich den Zeugwart an und er holt mich ab. Meine Oberschenkel bringen mich zur Verzweiflung. Gehen ist nicht gut möglich, normales Tempo auch nicht, langsam laufen geht, ist aber so anstrengend, dass die Schmerzen nur noch größer werden. Wie es ist, ist es eben verkehrt. Wenigstens scheine ich das Gel gut zu vertragen... das ist ja schon mal was. 
Nach aufgerundeten 18km versuche ich ins Auto einzusteigen. Wenn es sich heute schon so anfühlt, was wird dann erst morgen sein?
Lisabet macht die 30km voll und rennt einfach weiter, leichtfüßig, als wäre sie gerade erst gestartet. Gut, dass ich sie gefragt habe, was sie zum Frühstück ißt... so kann ich diesen Trick beim nächsten Lauf auch anwenden.

In der Runnersworldgalerie sind wir auf Bild 101 toll getroffen.

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