I know of no single factor that more greatly affects our ability to perform than the image we have of ourselves. (..) The most dramatic changes that take place…occur when you abandon a concept of self which had previously limited your performance. My job is to let go of the concepts and limiting images which prevent me from perceiving and expressing my greatest potential.”


(Timothy Gallwey, author of Inner Game of Tennis; in The Total Runner by Dr. Jerry Lynch)

Sonntag, 9. Oktober 2011

Der Nebel des Grauens

Was für ein Tag. Ich bin angestrengt, aber nicht fix und fertig. Obwohl ich mich ärgere, dass ich mich essenstechnisch nicht gut vorbereitet habe.
Aber so kommt man hier ja gar nicht mit. Also zurück zum Anfang.

Es ist Sonntag. Und da wir ja wieder in Deutschland sind ist irgendwie klar, dass der Wecker früh klingelt. Heute tut er das, weil ich beim Duathlon mitmache. Die Strecke wird heute von der Teamchefin, dem Titan, dem Profiathleten und dem Tur-Tur unsicher gemacht und ich habe mich am Mittwoch spontan auch dazu entschlossen zu starten. Manchmal bin ich einfach übermotiviert. *lach*

Wir verladen das Auto und starten um 8h. Natürlich kommen wir gut durch, es ist schließlich 8h am Sonntag morgen. Es ist neblig. Wir haben 3°C. Alle Leute liegen in ihren warmen Betten. Richtig so.

Am Ort des Geschehens angekommen müssen wir uns kurz orientieren und dann haben wir die Startnummernausgabe auch schon gefunden. Auch hier wabert der Nebel.

Ich melde mich nach und schaue mir die Strecke an. Es ist vom Heartbreak Hill, von The Beast und vom Last Breath die Rede.
Als der Titan eintrifft, der diese Strecke bereits mehrfach absolviert hat wird er gleich von mir befragt. Ich bitte um einen Vergleich zu Wallernhausen und er ist zurückhaltend mit den Antworten.

Um 9:30h ist Wettkampfbesprechung. Der Veranstalter gibt sich Mühe uns die Strecke etwas nahe zu bringen. Wir sollen als Läufer den grünen Markierungen folgen und als Radfahrer den Roten. Das ist besonders für Bibi wichtig, sie muß sich Radmarkierungen gut merken, da gab es schon mal Probleme. Und natürlich sind wir alle hilfsbereit und erwähnen noch 100 mal dass Rot zu Rad gehört. :-) Wir sind halt gute Athletenkumpels.

Um 10h ist Start. Sehr nett, dass vorher noch 9 Tauben in den Himmel gelassen werden. Die frieren sicherlich ordentlich und sind froh, dass sie jetzt endlich losfliegen dürfen.

Hoffentlich finden sie den Weg durch den Nebel. Nix wie heim. Tja, ich seh das ähnlich. Aber die Teamchefin und Bibi haben keinerlei Mitleid. Ich verstecke mich einfach hinter einen großen Herren.
Aber der fällt mir einfach in den Rücken und tritt zur Seite. Mist. Auf den kann man also nicht zählen.
Ich stehe neben den Damen und dem Profiathleten. Der Startschuß fällt.

Los gehts.

Es geht Berg auf, durch den Nebel. Ich bin nicht schnell, alle anderen sind schneller. Aber ich laufe. Die Teamchefin zieht ab und ich sehr sie noch lange vor mir. Es geht hoch und runter auf Asphalt, auf Schotter, auf groben Schotter, auf rutschigen Blättern. Die Strecke ist unbeständig. Es ist noch immer neblig
Ich gehe nicht. Keinen der Anstiege. Es ist mein guter Vorsatz für diese Strecke und ich halte durch. Das letzte Stück Berg runter geht über eine rutschige Wiese. Fast verfalle ich ins Gehen... aber wo ich schon die Anstiege so geschafft habe wird das jetzt Bergab auch nicht passieren. Also weiter. Und schon erreiche ich den Magic Forest.
Das haben sie wirklich schön gemacht. An diesen speziellen Anstiegen oder Punkten hängen Schilder. Ich muß schmunzeln.
Also nix wie rein in den Magic Forest.

Es ist dunkel und verwunschen. Das gefällt mir. Ich muß spontan an das Lied denken und finde mich toll.
Dann geht's aus dem Wald raus den Last Breath hoch, den ich besonders fies finde, und schon höre ich die Zuschauer jubeln. Wahnsinn.

Ich höre die Ratsche und die Klatschhand von der Prominenz. Sehr ordentlich... ich glaube nicht, dass sie mich schon sehen können durch diesen Nebel des Grauens, aber sie machen Stimmung. Das finde ich toll.

Als ich am Zeugwart vorbei renne frage ich wo der Titan abgeblieben ist, den gilt es zu holen und zu fragen, wie er überhaupt darauf kommt, dass diese Strecke auch nur Ansatzweise Ähnlichkeit mit Wallernhausen hat. Aber jetzt erst mal rein in die Wechselzone.

Ich rufe der Helferin vom Verpflegungsstand zu, dass es jetzt ja nur noch gilt mein Rad zu finden. Sie blickt sich um und antwortet... es steht ja nur noch eines da. Ach. Ich wollte ja auf meine wenige Puste lustig sein, sie hat's nicht ganz kapiert. Egal.

Ich ziehe meinen Helm an und los geht's. Schnell noch was trinken und zack schon bin ich vorne

und fahre los:

Auf geht's den Titan zu jagen.

Die Radstrecke ist furchtbar. Wirklich. Sie ist nicht endend und es geht entweder hoch und zwar so steil, dass ich nur den Kopf schütteln kann, oder steil bergab, so dass ich meinen Hintern hinter meinen Sattel hieve. Ein Anstieg zwingt mich in die Knie und ich muß schieben. Zwei Kurven hauen mich um und ich lege mich kurz ins Gras. Da meine erste Sorge dem "hoffentlich bin ich nicht dreckig" gilt steige ich wieder auf und beschließe, dass es nicht so schlimm sein kann. Ich bin ja jetzt auch mitten in der Pampa... wo soll ich denn anders hin.

Als die erste Radrunde vorbei ist sehe ich den Zeugwart und halte an um ihm mein Leid zu klagen. Mir tut alles weh, ich bin gestürzt, ich mußte schieben und ich will aussteigen. Der Zeugwart wird durch den Bären unterstützt, denn der redet auf mich ein, dass ich weiterfahren soll, weil ich mich sonst ärgere.
Ein Fremder erzählt mir noch, dass seine Frau grad erst durch ist und ich sie bestimmt noch einhole. Aha.
Gut, dann fahre ich eben weiter. Ich weiß ja jetzt was kommt.

Die zweite Runde verfliegt wie nichts. Die Anstiege sind ätzend, ich saue mich richtig ein und muß wieder an Bikers Hell schieben. Das ist aber auch ein fieses Stück Strecke unfassbar, dass das erlaubt ist.
Ich jage ein paar Athleten vor mir her durch den Magic Forest und schon bin ich wieder in der Wechselzone. Wow. Respekt. Das kleine Rad und ich haben es geschafft! Wir haben auch den Nebel des Grauens überwunden. Die Sonne schiebt sich vor. Es wird wärmer.

Die Prominenz fragt mich ob ich noch weitermache und da unklar ist ob ich das Zeitlimit schaffe laufe ich mit einem mittelschlechten Gefühl los. Es läuft ganz gut. Ich bin platt. Ich habe Kopfschmerzen. Uhihihuuuiii. Das ist schlecht. Die sind wirklich böse.
Und schon geht's wieder Bergauf. Aua.
Meine Waden krampfen. Beide. Ach herjee. Das war nicht gebucht und ich könnte kotzen. Was soll das jetzt. Ich dehne ein bischen und laufe weiter. Dann fährt mir ein Krampf vom Po in den Oberschenkel. Ich muß richtig zucken. Dann krampfen wieder die Waden und dann gebe ich auf.
Ich bin fast bis Km1 gekommen.

Der Weg zurück zur Wechselzone wird zur Qual. Ich muß ständig dehnen und fange an zu frieren. Und ich ärgere mich. Allerdings sind die Krämpfe schlimmer.

Im Ziel stehen alle und sehen fix und fertig aus. Der Titan gibt an heute nur noch lebenserhaltende Maßnahmen absolvieren zu wollen. Die Teamchefin tut so als würde ihr alles weh tun und mir tut alles weh.
Nach Zielkuchen und warmen Duschen werden die Ergebnislisten ausgehängt. Ich hätte einen Treppchenplatz, wenn ich nicht ausgestiegen wäre. DAS ist schade.
Die Teamchefin ist zweite ihrer Altersklasse, Bibi ebenfalls, die Herren sind leer ausgegangen. Aber nur was die Treppchenplätze angeht, ich nehme an im Muskelkater sind sie auch vorne mit dabei.

Herzlichen Glückwunsch, Ihr wart einfach super! Und ganz herzlichen Dank an die Anfeuerer... ich hab's echt gebraucht und auch sehr genossen! :-)

4 Kommentare:

  1. Haken dran. Das passiert und macht Dich für`s nächste Mal stärker. Schön, daß man jetzt mal die ganzen typisierten Metaphern zuordnen kann. Wie ist Dein "nick" in Kreisen?

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  2. Evchen, ich glaube, ich habe gar keinen wirklichen "Nick" in den Kreisen... ;-)
    Ich bin diejenige die gerne mit Spitznamen arbeitet, daher hat jeder einen und sie sind auch immer so schön treffend. *grins*

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  3. Lass Dich nicht vom Nebel oder Krämpfen unterkriegen! Du hast Deine Sache trotzdem gut gemacht und nächstes Mal werden die Karten (und der Nebel) neu gemischt!...
    Alles Liebe!
    Sabine

    PS: Mein Ausstieg bei einer olympischen Distanz (nach 1km schwimmen...) hat mir auch viel gelehrt!... :-)

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  4. Kannst trotz allem Stolz sein auf Dich!!! Das war ein richtig schönes Bergtrainig. Du wirst sehen wenn Du jetzt wieder am Main läufst, das die Zeiten nur so fallen ;-).
    LG Profiathlet.

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